Die Historik der Gemeinde Klettgau

Klettgau

Die Gemeinde Klettgau ist am 1.8. 1971 durch den Zusammenschluß der Gemeinde Erzingen, Grießen, Rechberg, Riedern a. S. und Weisweil gebildet worden. Bühl und Geißlingen wurden am 1.1. 1975 in die Gemeinde Klettgau eingegliedert. Die neue Gemeinde liegt im Herzen des Klettgautals, wovon sie auch ihren Namen abgeleitet hat. Die Bahnlinie Basel - Konstanz, sowie die Bundesstraße 34 führen mitten duch die sehr große Gemarkungsfläche.

Die Größe der einzelnen Ortsteile in Klettgau
Bühl                  285 Einwohner   649,00 ha Gemarkungsfläche
Erzingen        2951 Einwohner  1004,79 ha Gemarkungsfläche
Geißlingen       755 Einwohner    886,17 ha Gemarkungsfläche
Grießen        1792 Einwohner   1119,93 ha Gemarkungsfläche
Rechberg       345 Einwohner     343,50 ha Gemarkungsfläche
Riedern a. S. 246 Einwohner      288,63 ha Gemarkungsfläche
Weisweil       221 Einwohner       496,52 ha Gemarkungsfläche
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Klettgau      6595 Einwohner     4789,00 ha Gemarkungsfläche
Erzingen
Erzingen ist eine alte, vorgeschichtliche Siedlungsstätte, Funde aus der Römerzeit und dasVorkommen römischer Gräber beweisen deutlich, daß dieser wichtige Platz den Römern als Stützpunkt diente. Erzingen wird erstmals 870 als "Arcingen" urkundlich erwähnt. Erzingen hatte einen eigenen Adel, die Herren von Erzingen, die erstmals im II. Jahrhundert genannt werden. Das zeitweise reiche Geschlecht starb 1520 aus. Landesherren waren seit dem 15. Jahrhundert die Grafen von Sulz, dann die Fürsten von Schwarzenberg im nahegelegenen Tiengen. Erzingen ist die einzige im größeren Stil Weinbau treibende Gemeinde am Hochrhein. Es waren besonders die Klöster, und hier war es das nahegelegene Benediktinerkloster Rheinau, die den Weinbau sehr begünstigten. Eine interessante Geschichte hat die ehemalige Weintaverne, das Gasthaus zum "Löwen", das einen gotischen Baustilaufweist. Hier fanden einst die Gerichtstage der Herrschaft Küssaberg statt. In der Rheinauer Chronik wird erwähnt, daß der 1414 auf dem Konzil in Konstanz abgesetzte Papst Johannes XXIII. auf seinem Fluchtweg mit dem Gefolge in der Erzinger Gaststätte abgestiegen ist. Schon im 9. Jahrhundert war Erzingen Pfarrort und besaß eine Basilikakirche. Der Turm der heutigen
Kirche stammt aus dem Jahre 1587. 1946 erbaute die Gemeinde in Erfüllung eines Gelübdes die schön gelegene Bergkapelle oberhalb der Rebpflanzungen.
Grießen

Grießen gehört zu den Orten, deren Besiedlung in die jüngere Steinzeit.zurückgeht. Am Südrand des Dorfes wurde eine Grubenwohnstätte gefunden, die den Funden nach eine Handwerkersiedlung war und dem Steinzeitalter 3000 v. Chr. zuzuschreiben ist. In den letzten Jahrzehnten wurden Streufunde gemacht, die auf einen römischen Gutshof hinweisen. In einer Urkunde erscheint Grießen erstmals 1096 als "Griezheim". Grießen ist ein alter Marktflecken, der schon Ende des 16. Jahrhunderts Märkte hatte. Um l100 wird ein Edelmann von "Grizheim" genannt, ein Geschlecht, das im Laufe der folgenden Jahre immer wieder auf tritt. Die zentrale Bedeutung von Grießen als Marktflecken riß nie ab. Heute finden außer der monatlichen Vieh- und Schweinemärkte jährlich noch vier große Markte statt. Im 30 jährigen Krieg wurde Grießen schwer heimgesucht. Nur wenige Häuser, unter ihnen die Kirche überlebten die Einfälle der Schweden und Franzosen. 1140 wird bereits von einem Gotteshaus in Grießen geschrieben. Die jetzige Kirche mit ihrem markanten Turm wurde 1900 errichtet.

 

 

Geißlingen

Geißlingen gehört zu den ältesten Klettgaudörfern. Darauf weisen verschiedene Funde hin. Aus der Römerzeit stammt das "Heidenschlössle" beim Heideggerhof. Es handelt sich um einen quadratischen Bau mit einer Seitenlänge von 40 m. Man nimmt an, daß es sich um ein Postgebäude der römischen Staatspost handelt. Stempel auf Ziegelplatten und einige andere Funde weisen darauf hin. Urkundlich wurde Geißlingen (der Name bedeutet "bei den Angehörigen des Gisilo") erstmals 876 erwähnt. Es kam damals an das Kloster Rheinau. Das Kloster Riedern am Wald war hier einst begütert, was aus einer Urkunde aus dem Jahre 1301 hervorgeht. Aus der ehemals rein landwirtschaftlichen Gemeinde wurde mehr und mehr eine Wohngemeinde. Das Dorf liegt am Südhang, umschlossen von einem Kranz von Obstbäumen, und nicht weit entfernt von saftigen Laubwäldern, an den Hängen der Jura-Ausläufer. Wanderwege durch den Wald führen zur Küssaburg, zum Alkenhof und zu den Reutehöfen.

Rechberg

In einer Urkunde des Klosters Rheinau vom Jahre 878 wird Rechberg das erste Mal urkundlich erwähnt. Die Rheinauer und die Österreicher teilten sich später die Hoheitsrechte. Um 1352 übernahm das Kloster St. Blasien von den Rheinauern diese Rechte. Rechberg hatte seinen eigenen Adel. Dieser war aber ein schwäbisches Geschlecht und stammte aus der Burg Hohenrechberg bei Gmünd im Jagstkreis. 1445 wird ein Konrad von Rechberg als Domprobst zu Konstanz genannt. An schöner, ruhiger Südlage gelegen, ist Rechberg im Sommer ein gern besuchter Ferienort. Auch der schönen Südlage wegen, ist in Rechberg der Obstbau stark vertreten.

 

 

Bühl

Bühl war nach den Funden schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt. (Steinzeitliche Funde, römische Gefäßscherben, alemannische Gräber.) Das Dorf ist 1338 als Buel erwähnt und gehörte einst den Herren von Balm. Die Herren von Krenkingen, spätere Herren von Bühl, verkauften 1355 den Ort an die Familie Brünsi von Schaffhausen. 1514 gingen Dorf und Gerichtsbarkeit an die Grafen von Sulz und 1687 an die Fürsten von Schwarzenberg über.Das Kloster Rheinau hatte in Bühl das Zehntrecht. Diesem Kloster verdankt Bühl seine erste Kirche. Das schloßähnliche Pfarrhaus soll um das Jahr 1000 errichtet worden sein. Schutzpatronin des Klettgaus ist die heilige Notburga. 840 starb sie und wurde an der Stelle, wo die jetzige Kirche steht, beigesetzt. An ihr segensreiches Wirken erinnert die Notburgakapelle zwischen Bühl und Eichberg. Noch heute finden alljährlich Wallfahrten zur heiligen Notburga statt.

Riedern a. S.

Oberriedern ist der älteste Ortsteil und wird 1241 und auch später mit der auf dem Berg gelegenen Burg als Neu-Krenkingen unter den Besitzungen des Klosters Rheinau erwähnt. Bereits 876 hatte Graf Gotsberg seine Güter zu Riedern an das Kloster abgetreten. Auf der Burg Neu-Krenkingen war eine Seitenlinie der mächtigen Herren von Krenkingen als Schutzherren des Klosters Rheinau seßhaft. Im 14. Jahrhundert erscheinen in Urkunden Neu-Krenkingen oder Oberriedern und Unter-Krenkingen, das heutige Unterriedern. In beiden Orten wurden am Schwarzbach Mühlen errichtet, wobei die von Ober-Riedern auch heute noch in Betrieb ist. Riedern ist im 30jährigen Krieg größtenteils niedergebrannt. Das große Sandvorkommen zwischen Kirchberg und Kätzler war schon vor Jahrhunderten bekannt und benützt und hat dem Dorf seinen Beinamen gegeben.

Weisweil

Weisweil wird im Jahre 870 erstmals in einer Urkunde des Kloster Rheinau genannt. Weisweil war lange Sitz der Verwaltung der Besitzungen des Klosters. Die Freiherren von Krenkingen-Weissenburg nahmen im 12. Jahrhundert ihren Sitz auf der "Feste Weissenburg" in Weisweil. Nur noch spärliche Mauerreste künden von diesem einstigen Herrensitz, denn Rudolf von Habsburg hat als Vergeltung für die Untaten der zu Raubrittern entarteten Freiherren die Burg völlig zerstört. Aus den Steinen der Ruine wurde der in der Nähe liegende, heute noch bestehende Burgstallhof aufgebaut. Weisweil hatte früher auch eine eigene Gerichtsbarkeit. Die Gerichtsstätte befand sich am südlichen Rande des Gemeindewaldes. An dieser Stelle sind noch einige Richtersitze in Form von großen Steinen vorhanden.

Die Klettgauer Vereine
4 Fußballclubs 3 Narrenvereine
2 Turnvereine 3 Kirchenchöre
l Tennisclub 2 DRK-Ortsgruppen
3 Musikvereine 7 Feuerwehrabteilungen
2 Rad- und Motorsportclubs l Reiterverein
l Männergesangver. gemischtem Chor l Harmonikaclub
4 Männergesangvereine l DLRG-Ortsgruppe
6 Landfrauenvereine l Schachclub
Klettgau heute

Die Bewohner Klettgaus lebten früher im wesentlichen von der Landwirtschaft. Seit Kriegsende entwickelte sich jedoch die Industrie sehr stark, so daß der größte Teil der Bevölkerung seinen Lebensunterhalt dort verdient. Da die benachbarte Schweiz ihre Industrialisierung in den Bereichen Schaffhausen, Baden und Zürich schon viel früher vorangetrieben hatte, ergab sich für die vielen aus der Landwirtschaft frei werdenden Arbeitskräfte dort eine gute Verdienstmöglichkeit. Auch heute noch arbeiten 10% der Klettgauer Arbeitnehmer in der Schweiz.

In der Grießener Chronik geblättert:  Der Bauernkrieg im Klettgau

Schon in den Jahren 1521 und 1522 gärte es da und dort unter den Bauern im Deutschen Reiche, aber die Bewegung konnte immer wieder zurückgedämmt werden. Dann brach im Jahre 1524 in der Landgrafschaft Stühlingen ein jäher Aufstand aus. Die dortigen Bauern widersetzten sich mit offener Gewalt dem Grafen Siegesmund von Lupfen. Diese Erhebung hatte eine Ausstrahlung in die ganze Umgebung des Klettgau. Vielleicht wäre die Bewegung ruhiger und bedeutungsloser verlaufen, hätte nicht ein Fanatiker die ohnehin erregten Gemüter noch mehr in Aufruhr gebracht. Es war Thomas Münzer. Dieser Mann, welcher mit seiner von Luthers Lehre abweichenden wiedertäuferischen Gesinnung einen glühenden Haß gegen alle Obrigkeit verband, nahm einige Zeit auch in Grießen Wohnsitz, nachdem er Kunde von den dortigen süddeutschen Aufständen erhielt. Münzer wollte die Bauern vollends für seine Sache gewinnen. Unter den Unzufriedenen und Aufständischen taten sich besonders die Bauern von Grießen hervor. Insbesondere der Grießener Bürger Claus Wagner wetterte gegen die weltliche und geistliche Obrigkeit und sprach ihnen Leib und Leben ab. Er wurde zum Anführer des Klettgauer Bauernheeres ernannt. Nachdem die von seilen der schweizerischen Eidgenossen erwartete Hilfe ausblieb, kam es schließlich am 4, November 1525 auf dem Rafzer Feld zu einer mörderischen Schlacht zwischen den Bauern und einem österreichischen Ritterheer, das mit 500 Reitern und 1000 Fußknechten anrückte. 200 Bauern wurden getötet, 100 gefangen genommen. 300 aufständische Bauern, unter ihnen vorwiegend Grießener und Geißlinger, zogen sich nach Grießen zurück und verschanzten sich auf dem Friedhof zu Grießen. In der Chronik von Hans Brandeck über den Marktflecken Grießen vom Jahre 1905 ist hierüber folgendes zu lesen:

„Ihrer 300 Empörer, meist Grießheimer und Geißlinger, verteidigten sich am Abend desselben Tages auf dem Friedhofe zu Grießen, wohin sie auf ihrer Flucht gedrängt worden und dort vom Feind eingeschlossen waren. Aber es half ihnen natürlich nicht; einer größeren Anzahl gelang es zwar, über die Friedhofsmauer in die Häuser zu entkommen, die anderen mußten sich auf Gnad und Barmherzigkeit ergeben. Jedoch den in den Bauernhäusern versteckten Flüchtlingen erging es noch schlimmer. Denn eine große Anzahl Wohngebäude wurde in Brand gesteckt, und da man die darin Versteckten nicht herausließ, mußten sie in den Flammen elendiglich umkommen. Ich vermute, daß in dieser Begebenheit der auf dem heutigen Gewann „Maueräcker" gestandene Dorfteil zugrunde gegangen ist, der ja, wie der nebenan liegende Hang „Brand" annehmen läßt, durch Feuersbrunst zerstört worden sein muß. Auch lassen sich bei Grabarbeiten an dortiger Stelle Brandspuren unschwer nachweisen. Wohl ist auch in dieser Zeit der Haupthof zu Grießheim oder das Schloß, vom Erdboden verschwunden, da sich späterhin nirgendwo urkundliches über dieses Stammhaus der Herren von Grießheim auffinden läßt. Jetzt, nach der blutigen Unterdrückung des Aufstandes, übte der Graf von Sulz eine fürchterliche Rache. Die Gefangenen auf dem Küssenberg lagen ' jahrelang in harter Kerkerhaft, und ein großer Teil ihres Vermögens bereicherte den Grafen. Dem Hauptmann Claus Wagner ließ der Landvogt von Heideck die Augen ausstechen und die Finger der rechten Hand abhauen. Dieselbe Schändung und Blendung des Gesichts nahm er bei dem Prädikanten Rebmann vor, indem man ihm die Augäpfel mit einem eisernen Löffel herausdrückte und die Höhlen mit Stroh ausstopfen ließ. So wurden beide Geschändete nach Waldshut geführt und dort den Bürgern, weil sie mit den Bauern sympatisiert hatten, als abschreckendes Beispiel vorgestellt."

Vom Erzinger Weinbau

Die Unterlagen der Erzinger Ortschronik berichten in erster Linie vom Weinbau. Anno 1552 sei ein Riesenherbst gewesen und im Jahre 1679 gab es so viel Wein, daß der Abt von Rheingau aus Mangel an Fässern 60 Saum Wein „um Gottes Willen" abgab und der Klaus Wagner von Grießen 6 Eimer Wein um einen „Güggel" kaufte. Die Grießener waren immer Hauptabnehmer des Erzinger Weines, wie ja auch vor dem Ersten Weltkrieg meist die Grießener Wirte den „Erzinger Wiipriis" gemacht haben. Immer wieder lesen wir in der Chronik von Durchzügen und von wochenlanger Einquartierung fremder Truppen, Schweden, Franzosen, Ungarn, Österreicher„Bayern und während der napoleonischen Kriege sogar Russen. Besonders schlimm haben es die Franzosen anno 1795 getrieben, als sie nicht nur die ganzen Keller des Ortes leer tranken, sondern auch die Fässer samt dem Geschirr zusammenschlugen. Nicht viel besser haben es die Besatzungstruppen nach dem letzten Weltkrieg gemacht, als sie nach ihrem Einzug die ganzen Bestände der Winzergenossenschaft beschlagnahmten, so daß die Genossenschaft bei der späteren Währungsreform ohne Betriebskapital war. Diese Genossenschaft wurde wenige Jahre nachher aufgelöst, da der Weinbau immer mehr zurückging. Es mangelte an Arbeitskräften und auch der Absatz wurde immer schwieriger, da die vorwiegend erzeugten Elblingweine wegen ihres natürlichen Säuregehalts dem verfeinerten Geschmack der Weintrinker nicht mehr entsprachen. So drohte der Weinbau, am dem die Erzinger mit ganzer Seele hängen, zu erliegen. Da faßten einige fortschrittliche Weinbauern den Entschluß, die Flurbereinigung im Rebberg durchzuführen und die Reben neu aufzubauen. Es war eine schwere Aufgabe, die aber dank der Einsicht der Winzer ohne ernstliche Schwierigkeiten gelöst wurde. Während früher drei Viertel der Rebfläche Elbling und der Rest Spätburgunder waren, sind es heute ein Viertel Müller Thurgau und drei Viertel Spätburgunder. Der erste Ertrag der neuen Reben im Herbst 1959 wurde mit einem großen Weinfest begangen, das seither alljährlich mit einem großen Umzug, Traubenmarkt, Straußwirtschaften und Großveranstaltungen im Festzelt gefeiert wird.

Die Jahre 1961 und 1962 brachten Rekordernten mit Mostgewichten 1962 bis zu 102° Öchsle für Spätburgunder. Über die neugegründete Winzergenossenschaft werden die Trauben in Spezialbottichen an die Zentralkellerei Breisach geliefert. 1961 waren es schon 49000 kg, 1962 63000 kg und 1969 bereits 180000 kg, die mit Lastzügen nach Breisach geführt wurden. Der von der Zentralkellerei zurückgeschickte „Erzinger Kapellenberg Spätburgunder" und „Müller Thurgau" hat inzwischen allgemeinen Anklang gefunden. Was den Erzingern der Wein bedeutet, könnte nicht besser zum Ausdruck kommen als in einem Mundartgedicht des verstorbenen Altbürgermeisters und Ehrenbürgers Hermann Stoll. In seinem herrlichen Gedicht aus dem Jahre 1959, vorgetragen aus Anlaß des ersten Oberbad. Wein- und Winzerfestes, beschreibt er fast bewundernd die Wertschätzung des sogenannten „Stegliwii's", einem Fäß-chen Roten, das einst für den Herr des Hauses reserviert unter der Kellerstiege lagerte.

 

Der Erzinger Stegliwii

von Hermann Stoll Bürgermeister i. R.

 

I üsere Chronik sit viel Johr chunnt immer z'erscht de Herbsted vor. Und dies Johr schriebt mehr wieder drii, es isch e guates Wiijohr gsii. De Buab würd groß, er chunnt in d'Johr. E Maidle, schlank mit bruune Hoor, führt er voll Stolz de Alte zua. Do holt mer wieder Roote ua.
Wia Gold hend dia Silvaner g'strahlt im Sunneschii, e Bild wia g'malt, und dia Burgunder rot wia Bluat hend g'lüüchted us de Blätterhuat. Bald druff do isch die hochi Zitt. Die ganz Verwandtschaft füret mit. De Hochzittlader hat vil z'tua. Er holt s'ganz Fäßli Roote ua.
Jetzt lieht de Wii dehaim im Faß. Erjisst und sprodled, s'isch en Spaß, — grad wia die Jugend schuumt und gäärt — bis er sich voll zur Riifi kläärt. Dia Zitt vergoht, d'Chind werat grooß. De Ätti, de legt d'Händ in d'Schooß. Bald glitt ihm Gott die ewig Ruah. Mer holt ihm nur no Roote ua.
Im Chellerwinnkel z'hinderscht drii do lieht e Fäßli Stegliwii. S'isch Roote und de allerbescht, de trinkt mehr nu bi b'sundere Fescht. So g'leited üüs de Stegliwii, vum Taufstai bis an d'Bahre hii. Bi Leid und Freud, bi Truur und Fescht gitt's roote Wii für Früünd und Gäscht.
Chunnt bi me Buur e Chind ufd'Welt, würd ufde Sunntig d'Taifi b'stellt, und isch's en rechte stramme Bua, denn hol mehr nur vum Roote ua. Drum halted mir de Wii in Ehre! Ihr müend en nit nu abeleere. Genießt ihn langsam, Schluck für Schlückli, denn schafft er Frohsinn und macht glückli.
Grießen als Marktflecken

Ein Auszug aus der „Geschichte des Marktfleckens Grießen von Hans Brandeck".

„Grießen, als Mittelpunkt des sulzischen Klettgaues war schon im Mittelalter eine Ansiedlung, die zufolge ihrer günstigen Lage eine größere Bedeutung erlangte als die umliegenden Orte. Schon unter den Klettgau-Grafen wurden hier vielfach die kaiserlichen Landgerichte abgehalten, was mehrmals urkundlich erwähnt ist, so am 25. August 1483, ebenso gelegentlich eines Streites zwischen den Gemeinden Geißlingen und Küsnacht wegen der Grenzscheide beim sogenannten Alkenhof anno 1576 u. a. m. Es kann sehr wohl sein, daß sich aus diesen Landgerichten, die an bestimmten Tagen abgehalten wurden und an welchen gewöhnlich eine größere Menge Leute zusammenströmte, nach und nach die Jahrmärkte entwickelten. Wenigstens hat diese Annahme bei kleineren Orten sehr viel Wahrscheinlichkeit. Die Geißlinger Chronik besagt, daß im Jahre 1688 der erste Jahrmarkt zu Grießen abgehalten worden sei. Das kann nicht stimmen, denn einer liebenswürdigen Mitteilung des Herrn Professor Dr. Roder in Überlingen verdankte ich die Kenntnisnahme von der Existenz eines im Überlinger Stadtarchiv befindlichen Schriftstückes, welches datiert ist: Schloß Jestetten, 26. April 1614. In demselben macht Graf Ludwig von Sulz, derselbige, welcher der Grafschaft die neue Landesordnung gab, bekannt, daß er in seinem Flecken Grießheim 2 Neue zu den vorigen Jahrmärkten eingeführt habe. Den einen auf den 26. Juni, den anderen auf den 9. April.

Daraus geht unzweifelhaft hervor, daß schon vor 1614 Märkte in Grießen abgehalten wurden, wie überhaupt die ganze Einrichtung der Jahrmärkte nicht allein auf obrigkeitlichen Befehl oder Erlaubnis, sondern wohl auch aus der herkömmlichen Übung nach und nach von kleinen Anfängen entstanden ist. Unter der schwarzenbergischen Regierung konnte sich der Marktflecken Grießen nicht sehr entwickeln, wie überhaupt in kleinen Ländchen der Verkehr und das Aulblühen der Orte gehemmt ist. Nach dem 3Qjähri-gen Kriege zählte das Dorf etwa 500 Einwohner. Bei der ersten von der Badischen Regierung vorgenommenen Zählung wies Grießen eine Bevölkerungsziffer von 701 Seelen auf, das war im Jahre 1813. Von jetzt ab nahm es zu und zählte 1855 1050 Einwohner. Wenn es 1905 nur deren 880 hatte, so sind wohl die Auswanderungen nach den überseeischen Ländern Mitte der 60er Jahre und der Zug der jungen Leute in die großen Städte davon die Ursache."

 

 

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